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Ella , 63 , Text aus dem Jahr 2015
LIEBESBEWEIS
Seit seiner Kindheit träumte er von einem Unimog. Ein Wort wie
ein Traum: Unimog – eine Abkürzung von Universal-Motor-
Gerät – ist ein allradgetriebener Kleinlastkraftwagen und
Gerätetransporter, der vor allem in der Land- und
Forstwirtschaft für kommunale Aufgaben und auch beim Militär
eingesetzt wird.
Er konnte nie die Bilder aus seiner Kindheit vergessen, als er mit
seinem Onkel Willy in solch einer Maschine stolz durch Wald
und Felder fahren durfte. Danach schmeckte das Essen in diesem
Gefährt ganz besonders gut!
Dem kleinen Bub kam der Unimog wie ein Monster vor, das mit
seinen vier riesengroßen Rädern alles bewältigen konnte: den
Berg hoch- und hinunterfahren, Bäume schleppen, andere Autos
oder sogar Traktoren, die im Schnee, oder Matsch stecken
geblieben waren, herausziehen. Diese geheimnisvolle gewaltige
Kraft faszinierte ihn und diese Erlebnisse von früher verfolgten
ihn oft in seinen Träumen sein ganzes Leben lang.
Er begann, Unimogmodellautos zu sammeln. Zuerst waren es
bloß ein paar kleine Modelle. Aber dann vergrößerte sich seine
Kollektion und er hatte fast 50 Modellfahrzeuge verschiedenster
Art gesammelt, auch ein Sanitätsauto für Katastrophen- oder
Kriegseinsätze waren darunter.
Später, wenn er mit Auto oder Motorrad unterwegs war und
einen Unimog irgendwo erblickte, schrie er wie gestochen laut
auf: „Ein Unimog!“ Dabei erschrak seine Frau immer, denn sie
hatte Angst, dass er vor Begeisterung noch einen Unfall bauen
könnte.
Es war ein warmer sonniger Tag, als sie zusammen im schönen
Taunus wanderten. Am Ortsende, hinter dem letzten Haus, auf
der Wiese, stand plötzlich so ein Unimog am Weg. Er blieb wie
angewurzelt stehen, zu einer Statue erstarrt, denn, was da stand,
war ein altes Fahrzeug, ein Oldtimer. „Schau mal, ist er nicht
schön! Die weiblichen, runden Formen! Und wie gut er
riecht!“ Sagte das und setzte er sich prompt in die Kabine. „Es
bleibt Dir nur noch, den Unimog zu küssen! Du bist wie ein
Kind, das von seinem Spielzeug nicht genug bekommen kann“,
meinte seine Frau liebevoll.
Damals wusste er noch nicht, welche Bedeutung dieser Tag für
ihn haben würde. Dieser Unimog beschäftigte ihn nun und ließ
ihm keine Ruhe, bis er eines Tages den Mann kennenlernte, dem
der alte Unimog gehörte. Dieser hatte ihn vor längerem gekauft
und da er ein technisch sehr geschickter Mensch war und gern
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unimog-1.rtf Ella Schwarzkopf 05.07.15 17:39
aus Altem etwas Neues machte, hatte er bereits begonnen, ihn zu
renovieren und zu restaurieren. Das war sein Hobby und machte
ihm viel Spaß. Aus diesem Grund bewunderte er den
Mechaniker, besuchte ihn oft und konnte stundenlang ihm bei
seine Arbeit zuschauen und sehen, wie aufwendig so eine
Instandsetzung war, angefangen beim „Skelett“ des Autos. Und
immer wieder erzählte er seiner Frau alles, was mit dem Unimog
geschah. Jede Einzelheit!
Eines Tages war der Unimog fertig! Darauf folgten mehrere
Probefahrten mit dem Mechaniker, aber auch er durfte ab und zu
selber fahren. Eines Tages meinte der Mechaniker, er solle doch
den Unimog kaufen, denn er hätte inzwischen ein größeres
Modell gefunden, das er herrichten wolle. Für ihn war das
Wichtigste nicht der Besitz eines Fahrzeugs, sondern dessen
Instandsetzung, um es wieder fahrtüchtig und ansehnlich zu
machen.
Natürlich wollte er den Unimog haben! Und er wusste gar nicht,
wie ihm geschah. Das Gefühl, kurz vor der Erfüllung seines
Traumes zu stehen, war einfach unbeschreiblich. Er wurde wie
mit Flügeln bis zur Haustür getragen. Als er ankam, waren seine
Wangen apfelrot, seine türkisfarbenen Augen leuchteten feucht.
Innerlich bebend setzte er sich in den Sessel wie ein Gast in
seiner eigenen Wohnung, ganz aufgeregt und mit einem
wundervollen Gefühl. Er begann, seiner Frau alles zu erzählen.
Machte dann eine längere Pause und schaute sie erwartungsvoll
an. Wie wird sie reagieren? Sein Gefühl war so ansteckend, dass
es auch sie packte. Und ihre Antwort war für ihn eine Erlösung!
Natürlich hatte seine Frau Verständnis für sein Hobby und was
sie darauf sagte, war der beste Liebesbeweis: „Nach 35 Jahren,
in denen du deinen Beruf im Orchester ausgeübt hast, hast du es
verdient! Um deinen Traum zu erfüllen, hätte ich sogar das
geerbte Haus meiner Eltern verkauft!“